Konsequente Umsetzung von Sanktionen
Die gewissenhafte und konsequente Umsetzung der Sanktionen ist entscheidend, damit sie ihre Wirkung erzielen. Hierfür sind in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig. Zu diesem Zweck arbeitet die Kommission eng mit ihnen zusammen:
- regelmäßige Treffen einer Sachverständigengruppe, wo die Kommission alle zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erreicht
- die von der Kommission im März 2022 eingesetzte „Freeze and Seize Task Force“ zur besseren Abstimmung beim Einfrieren von Vermögenswerten russischer und belarussischer Einzelpersonen und Organisationen
- eine von EU-Kommissarin Mairead McGuinness geleitete hochrangige Gruppe, in der sich alle Behörden der 27 Mitgliedstaaten mit Vertretern aus Industrie und Wirtschaft austauschen können
- von der Kommission veranstaltete Ad-hoc-Sitzungen mit Interessenträgern zur Orientierung und zur Erörterung der konkreten Umsetzung von Sanktionen
Die EU stimmt ihre Sanktionen mit internationalen Partnern wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Südkorea, der Schweiz, Japan, Australien, Kanada, Neuseeland und Norwegen ab, damit die für jedes Land wirtschaftlich wirksamsten Maßnahmen ergriffen werden.
Verhinderung von Umgehungen
Die Umgehung von EU-Sanktionen ist eine Straftat. Zur Kontrolle unternimmt die Kommission Folgendes:
- Handels- und Zolldienste sind angehalten, darauf zu achten, dass bestimmte Waren nicht über Drittländer nach Russland gelangen
- Sie stimmt sich mit Drittländern in puncto Einschätzung, Datenabgleich und etwaige Abhilfemaßnahmen ab
- Aus dem Privatsektor holt sie Informationen über Umgehungsmuster ebenso ein wie Empfehlungen zum Gegensteuern.
Im Rahmen des elften Sanktionspakets, das am 23. Juni beschossen wurde, hat die EU ein neues Instrument eingeführt, um die Umgehung von Sanktionen per Gerichtsbarkeit von Drittländern zu verhindern. Konkret geht es um bestimmte Hochrisikogüter, die nachweislich über Drittländer nach Russland gelangen, obwohl sie unter die EU-Sanktionen fallen. Mithilfe dieses Instruments kann die EU die Ausfuhr dieser Güter in Länder verbieten, in denen unsere Sanktionen umgangen werden. Sie kann ebenfalls die Erbringung damit verbundener Dienstleistungen verbieten.
Die Liste der Güter und Technologien, die unter diese Maßnahme fallen, kommt nur dann zum Tragen, wenn keine andere Lösung gefunden wird. Das erfordert allerdings eine enge Zusammenarbeit und einen intensiven Dialog mit jedem einzelnen der betreffenden Drittländer. Dabei haben die jeweiligen Behörden stets Gelegenheit, sich zu unseren Feststellungen und Schlussfolgerungen zu äußern. Es ist also als letztes Mittel der Wahl zu verstehen.
Eine Reihe anderer Maßnahmen hat es uns ermöglicht, die Umgehung von Sanktionen weiter zu bekämpfen:
Wir haben ein Transitverbot für Güter mit doppeltem Verwendungszweck, moderne Technik, Feuerwaffen und Luftfahrtgüter durch russisches Hoheitsgebiet verhängt. Das bedeutet, dass Waren, die in Drittländer ausgeführt werden, nicht mehr durch russisches Hoheitsgebiet Russlands befördert werden dürfen.
Wir verpflichten die Wirtschaftsbeteiligten dazu, die Wiederausfuhr bestimmter Kategorien sensibler Güter nach Russland vertraglich zu untersagen.
Wir haben ein Transitverbot für bestimmte wirtschaftlich kritische Güter durch russisches Hoheitsgebiet eingeführt. Das bedeutet, dass diese Waren, die in Drittländer ausgeführt werden, nicht mehr durch russisches Hoheitsgebiet Russlands befördert werden dürfen.
Wir haben eine neue Meldepflicht eingeführt, wonach Unternehmen in der EU, die zu mehr als 40 % direkt oder indirekt von russischen Staatsbürgern oder in Russland niedergelassenen Unternehmen gehalten werden, bestimmte Geldtransfers außerhalb der EU künftig anzeigen müssen.
Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten erstellt die Kommission eine Übersicht über alle eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank in der EU — mit genauer Orts- und Wertangabe. Das ist besonders wichtig im Hinblick auf die mögliche Nutzung öffentlicher russischer Vermögenswerte zur Finanzierung des Wiederaufbaus in der Ukraine.
Im Rahmen des 10. Sanktionspakets haben die Mitgliedstaaten der Kommission Vermögenswerte der russischen Zentralbank von über 200 Mrd. EUR gemeldet.
Erstmals verlangt die EU, dass gelistete Personen von sich aus ihre gesamten Vermögenswerte im Hoheitsgebiet der EU offenlegen. So können Vermögenswerte viel effizienter erfasst und eingefroren werden. Wird dieser Meldepflicht nicht nachgekommen, gilt das als Verstoß gegen das EU-Sanktionsrecht — mit den in den nationalen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten vorgesehenen – auch strafrechtlichen – Folgen.
So wird auf die zunehmend komplexeren Strategien zur Umgehung von Sanktionen reagiert: Wir müssen neuen Taktiken immer einen Schritt voraus sein.
Das am 18. Dezember 2023 angekündigte 12. Sanktionspaket verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Vermögenswerte gelisteter Personen proaktiv aufzuspüren, um Verstöße gegen Sanktionen oder deren Umgehung zu verhindern und aufzudecken.
Neuerdings können auch Sanktionen gegen Personen verhängt werden, die eine Umgehung von Sanktionen erleichtern.
Zusätzlich wird es möglich sein, verstorbene Personen mit eingefrorenen Vermögenswerten auf der Sanktionsliste zu belassen, um eine Untergrabung der Maßnahme zum Einfrieren der Vermögenswerte zu verhindern.
Am 2. Dezember 2022 legte die Kommission einen Vorschlag zur Harmonisierung von Straftatbeständen und Strafen beim Verstoß gegen EU-Sanktionen vor. Da Russland seine Angriffe auf die Ukraine unvermittelt fortsetzt, sind die EU-Sanktionen voll und ganz umzusetzen. Verstöße hiergegen dürfen nicht noch belohnt werden. Der Vorschlag der Kommission enthält EU-weit einheitliche Vorschriften, die eine Untersuchung, strafrechtliche Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen Sanktionen in allen Mitgliedstaaten erleichtern.
Die Kommission hat das Amt eines Internationalen Sondergesandten für die Umsetzung von EU-Sanktionen geschaffen, um dauerhafte Gespräche auf hoher Ebene mit Drittländern führen zu können, die eine Umgehung der Russland-Sanktionen verhindern sollen. David O'Sullivan, ehemaliger Generalsekretär der Kommission und hochrangiger EU-Diplomat, wurde zum EU-Sanktionsbeauftragten ernannt und trat dieses Amt im Januar 2023 an.
Unterrichtung interessierter Kreise
Um interessierte Kreise zu informieren, hat die Kommission
- Hunderte häufig gestellter Fragen zu allen von Sanktionen betroffenen Wirtschaftszweigen wie Finanz- und Bankwesen, Handel und Zoll, Energie, Landwirtschaft, Verkehr, Medien, öffentliches Beschaffungswesen sowie gesonderte Leitlinien zu humanitären Fragen veröffentlicht. Sie steht in regelmäßigem Austausch mit der Industrie und den für die Umsetzung von EU-Sanktionen, die Erteilung von Genehmigungen und die Verfolgung von Verstößen zuständigen nationalen Behörden.
- leicht zugängliche Informationen über die bisher angenommenen Sanktionspakete veröffentlicht. Die EU-Sanktionskarte gibt einen guten Überblick über die derzeit geltenden Sanktionsregelungen, auch über sanktionierte Einzelpersonen. Die konsolidierte Auflistung aller Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen, die mit EU-Sanktionen belegt wurden, deren Vermögen beschlagnahmt wurde — oder denen Gelder bzw. wirtschaftliche Ressourcen versagt werden, ist online abrufbar.
- ein Whistleblower-Tool zur anonymen Meldung von Verstößen gegen Sanktionen eingerichtet. Die EU-Sanktionen verpflichten die Mitgliedstaaten künftig auch, Verstöße gegen Sanktionen unter Strafe zu stellen.
- eine EU-Kontaktstelle für humanitäre Hilfe eingerichtet, die Helfern praktische Informationen zur Beantragung humanitärer Ausnahmeregelungen im Rahmen von EU-Sanktionen bietet.
- eine zentrale Kontaktstelle aufgebaut, die Behörden und Geschäftsleute außerhalb der EU in puncto EU-Sanktionen gegen Russland, insbesondere bei Fragen in Sachen Ernährungssicherheit, berät. So soll auch sichergestellt werden, dass Agrarprodukte und Düngemittel ungehindert in ihre Länder gelangen.